Die Gemeinde Kohlberg besitzt direkt neben der historischen Kelter eine Brennerei. Dieses Kleinod ist ein besonderes Alleinstellungsmerkmal für die Jusigemeinde. Die Brennerei wurde zusammen mit einem alten Bauernhaus erworben, das zur Freistellung der Kelter abgebrochen wurde. Im Jahr 2022 steht die Gemeinde vor dringend notwendigen Renovierungsmaßnahmen. Besonders das undicht gewordene Dach gefährdete die weitere Nutzung des Gebäudes.
Das älteste bisher gefundene Dokument, zeigt als Grundriss ein Gebäude an der „Straße Metzingen – Neuffen“ mit folgenden Hinweisen: „Brennerei des Fritz Schaich“, in Kohlberg. Ausgewiesen ist ein „Brennereiraum“, daneben das „Wohnhaus des Fritz Schaich“ mit „Scheuer u. Eingang z. Keller“. Das Dokument kann den 1920er Jahren zugeordnet werden.
Die Brennerei war zunächst eine landwirtschaftliche Abfindungsbrennerei. Ein Dokument vom 30. Januar 1933, ausgestellt vom Hauptzollamt Reutlingen, bestätigt dem Brennereibesitzer Johannes Schaich, Sohn des Fritz Schaich in Kohlberg: „Ihrem Antrag vom 29. Januar 1933, Ihre landwirtschaftliche Abfindungsbrennerei in die Klasse der gewerblichen zu überführen, ist mit Wirkung vom 1. Oktober 1932 ab gemäß § 10 Abs. 2 Brennereiordnung stattgegeben worden“.
Über die veränderte Nutzungsmöglichkeit der Brennerei informiert uns eine Betriebserklärung vom 7. Dezember 1936, ausgestellt durch das Zollamt Nürtingen, Brennereiverzeichnis Abt.B, Nr. 142: Der gewerblichen Abfindungsbrennerei des Johannes Schaich in Kohlberg wird die „Verarbeitung mehliger Stoffe“ gestattet. „Obststoffe werden nicht verarbeitet“. Als Rohstoffe dürfen Weizen oder Roggen (nicht gemischt) verarbeitet werden.
In einer Änderungsanzeige an das Zollamt Nürtingen aus dem Jahr 1948 ist ein Besitzwechsel dokumentiert: „Ich zeige an, dass mein Vater, Brennereibesitzer Joh. Schaich verstorben ist, die Brennerei mit Brennereigrundstück u. dem gesamten Landwirtschaftlichen Anwesen auf mich übergegangen ist.“
Kohlberg, d. 24.9.1948, Brennereibesitzer Emil Schaich
Aus dem Jahr 1970 ist die Aufstellung eines neuen Brenngeräts überliefert. Schreiben vom 23. Februar 1970, Hauptzollamt Reutlingen an Herrn Emil Schaich, Brennereibesitzer, 7441 Kohlberg, Metzinger Str. 18: „Gegen die Aufstellung des von der Fa. Christian Carl in Göppingen angebotenen Brenngeräts lt. vorgelegter Zeichnung und Beschreibung bestehen keine Bedenken …“
Im Jahr 1983 war eine Reparatur erforderlich, die in einem Protokoll dokumentiert ist. Vermessungsverhandlung, Protokoll vom 18.4.1983 ausgestellt vom Hauptzollamt Reutlingen: „Die Vermessung geschieht, weil die Brennblase nach Reparatur wieder aufgestellt wurde“.
Für den Betrieb einer Brennerei gelten strenge Regeln. Ohne Prüfungen und Genehmigungen dürfen keine Veränderungen vorgenommen werden. Deutlich wird dies durch ein Schreiben des Emil Schaich an das Hauptzollamt in Reutlingen vom 27. Mai 1984: „… ich zeige an, dass mein neuer Verstärker montiert ist und abgenommen werden kann. Der alte Verstärker wurde der Firma Chr. Carl in Zahlung gegeben und inzwischen vom Brennereigrundstück entfernt.“
„Geprüft und für richtig befunden: HZA Reutlingen am 15. Juni 1984“.
Im Jahr 1992 gab es einen erneuten Besitzwechsel, der durch Rosine Schaich mit Schreiben beim Hauptzollamt Reutlingen vom 25.06.1992 angezeigt wurde. „Ich zeige hiermit an, daß ich die gewerbliche Abfindungsbrennerei von meinem Mann Emil Schaich übernommen habe.“ Emil Schaich war am 13. Mai 1991 verstorben.
Ein markanter Wechsel vollzog sich mit dem Erwerb der Brennerei durch die Gemeinde Kohlberg. Dokumentiert ist dies durch ein Schreiben vom Hauptzollamt Ulm an die Gemeindeverwaltung Kohlberg vom 09. Mai 2008. Betreff: Ihre gewerbliche Abfindungsbrennerei Nr. 105 3175 „Sehr geehrter Herr Gneiting, mit o.g. Schreiben teilen Sie mir mit, dass die zum Brennereibetrieb gehörenden Flächen Bestandteil des bereits vorgelegten LBG-Bescheides sind und Sie durch Beschluss des Gemeinderats Kohlberg vom 17.09.2007 zum Bevollmächtigten in der vorgenannten Abfindungsbrennerei bestellt wurden.“ Die Gemeinde Kohlberg ist damit die erste und einzige Kommune im Biosphärengebiet Schwäbische Alb, die eine eigen Brennerei samt dem dazu notwendigen Brennrecht besitzt.
Die Gemeinde Kohlberg übergibt die gewerbliche Abfindungsbrennerei in Pacht ab 01.06.2012 an Günter Keppeler, (Pachtvertrag vom 16.05.2012).
Den Besitzwechsel dokumentiert eine Niederschrift aus dem Jahr 2012: Hauptzollamt Ulm, 26. Oktober 2012, Besprechung der monopolrechtlichen Bestimmungen für die Abfindungsbrennerei Günter Keppeler, Brennort Metzinger Straße 18, 72664 Kohlberg (Brennereinummer 105 3175).